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AutorenbildLucy Liang

Kubistische Gartenanlage-Der Anfang der modernen Gärten

Aktualisiert: 25. Feb. 2023

Einleitung


Historische Gärten sind zumeist Denkmale der Gartenkunst, gärtnerischer Innovation oder verbunden mit historischen Vorgängen oder historischen Personen. In manchen Städten oder Regionen gelten bedeutende Gartenanlagen als Wegweiser regionaler Geschichte (Kulturreise-Idee). Gartenanlagen werden historisch z. B. Asbach-Grünzug in Weimer als Kiegserinnerungsstätte geplant (ca. 1900), oder z. B. Wiener Gärtnerfamilie Rosenthal oder die Rosenthal´schen Baumschulen in Wien und in Niederösterreich als Lieferant von Bäumen für städtische Grünanlagen funktioniert (ca. 1897). Jedoch ab Anfang 20. Jahrhundert begannen die modernen Gartenanlagen, die Verbindungen zwischen dem ästhetischen Zeitgeist und dem Außenraum zu erforschen. D. h sind Garten jetzt eher eine Gestaltung, und ästhetisches Experiment. Am offensichtlichsten war die „kubistische“ Gartenanlage von Gabriel Guevrekian.

 

Kubistische Gartenanlage

Anfang der modernen Gärten und ihre künstlerische Intervention (1925-1928)

Stichwörter: Gegen die Natur, neue Visualisierung der Gärten


Bevor der Architekt Gabriel Guevrekian 1933 als Stadtarchitekten und -planer von Teheran berufstätig war, und dort Neubauten für soziale Wohnhäuser, Residenzen und mehrere Regierungsgebäude europäischen Stils geschafft hatte, hatte er von 1925 bis 1928 drei moderne Garten gestaltet, besonders der zwischen 1926 bis 1927 entstandene Garten in Villa Noailles wird als modernist monument gekennzeichnet. (Khosravi 2020)


Die drei Gärten sind jeweils die kubistische Gartenanlage Jardin d’Eau et de Lumière (Garten von Wasser und Licht) (1925), der dreieckige Garten der Villa Noailles in Hyères (1926-1927) und die Terrassengärten der Villa Heim, 17, Avenue des Madrid, Neuilly (1928). Da die ausführlichen Informationen vom dritten Garten noch fehlen, wenn man die Merkmalen von seinen zwei vorherigen Gärten zusammenfasst, sind die Gärten vor allem künstlerisch und baulich geprägt und unabhängig von Natur.



Konzeptzeichnung von Gabriel Guevrekian für den Garten Jardin d’Eau et de Lumière. Bildquelle: https://drawingmatter.org/garden-earthly-delights/

Die Fotoaufnehme des Gartens Jardin d’Eau et de Lumière von der Exposition Internationale des Arts Décoratifs Paris 1925, Bildquelle: https://drawingmatter.org/garden-earthly-delights/

Jean-Claude Nicolas Forestier, der Chefdesigner des Geländes für die Exposition Internationale des Arts Décoratifs Paris 1925, beauftragte Guevrekian mit der Gestaltung eines kleinen Gartens mit der Absicht, etwas zu schaffen, das gleichzeitig „persisch“ und „modern“ ist. Aus diesem Grund hat Guevrekian die kubistische Gartenanlage Jardin d’Eau et de Lumière gestaltet. Der Garten hatte eine dreieckige Form und bestand größtenteils aus abgestuften dreieckigen reflektierenden Pools und Pflanzbeeten. Im Zentrum des Ensembles befand sich eine elektrisch angetriebene und von innen beleuchtete Glaskugel, die Louis Barillet installierte. Dreieckige Pflanzbeete aus blauem Ageratum, weißem Pyrethrum, roter Begonie und grünem Rasen trennen die Becken und die Kugel auf zwei Seiten. Die Wände und Böden der Becken wurden mit Farben und konzentrischen Mustern bemalt, die von Robert Delaunay entworfen wurden (Hunt/Conan 2002)


Sein Schwerpunkt liegt auf der Gestaltung der Anlage, obwohl es als Garten genannt wird, und dass z. B. Jardin d’Eau et de Lumière 1925 sofort zu einer der auffälligsten und umstrittensten Installationen der Ausstellung wurde und Guevrekian schließlich den Grand Prix von der Jury gewann, sind seine Garten aus "normaler" Sicht kaum als Garten erkennbar, denn sein Schwerpunkt ist keine Pflanzen oder Menschen selbst (meiner Meinung nach). So Khosravi: "Es war ein architektonisches Statement innerhalb und gegen die Natur." (Khosravi 2020)


Doch seine künstlerische Ansätze sind besonders erkennbar. Mit seinen leuchtenden Purpur-, Grün-, Gelb- und Kobaltblautönen, die eine abstrakte und doch verspielte Dreieckskomposition bilden, lehnte sich der Garten sowohl an die traditionelle persische Miniaturkomposition als auch an den Stil von Guevrekians kubistischen Freunden an, insbesondere an Robert Delaunays Windows or Circular Forms Reihe. (ebd.)

Der Moderne Garten war eher als künstlerisches Experiment betrachtet, indem anstelle Natur bildende Kunst im Vordergrund steht, das die traditionale Bedeutung der Garten umzudrehen, und Neues zu produzieren versucht. Vielleicht ist für Guevrekian eine notwendige erste Schritte die wesentliche Veränderung der Visualisierung der Garten. Denn Garten ist jetzt nicht mehr ein reines Zuhause für die Pflanzen oder ihre Besetzer*in, sondern verknüpft seine Botschaft mit bildender Kultur und hat auch anderen Funktionen, ist es jetzt ein überdimensionales 3D- Kunstwerk? Ein Ort der Aufmerksamkeit? Ein Ort des Spektakels? Ein Ort des Neues? Ein Ort des Andersdenkens? Ein Ort einer politischen Aussage ? Was aber sicher ist, ist, dass uns Guevrekian mit seinen kubistischen Gärten mehrere Möglichkeiten eröffnet.


Alfred Barr, Gründungsdirektor des Museum of Modern Art in New York, hat analysiert die Entwicklung der Abstraktion in der Malerei und Skulpturen und die Begriffe zwischen "pure-abstraction" und "near-abstraction" unterschieden: "Pure-abstractions are those in which the artist makes a composition of abstract elements such as geometrical or amorphous shapes. Near-abstractions are compositions in which the artist, starting with natural forms, transforms them into abstract or nearly abstract forms." (Barr 1936) Diese Dichotomie eröffnete eine konzeptionelle Anwendung der zeitgenössischen bildenden Kunst auf die Landschaftsgestaltung und deutete Designern ihre Rolle als Designer bewohnbarer near-abstraction an. (Treib/Imbert 1997)


Wie im Barrs Buch zeigt, dass in diesem Jahrhundert die Aufmerksamkeit zur Landschaftsarchitektur wesentlich fehlte, im Vergleich zum Architektur, Film-, Möbel-, Grafik- und Theaterdesign. Und das Gartendesign wurde oft von Architekten oder Innenarchitekten übernommen, als Landschaftsarchitekten, und sie erforschten Verbindungen zwischen dem ästhetischen Zeitgeist und dem Außenraum. Am offensichtlichsten war die „kubistische“ Ausdrucksweise von Gabriel Guevrekians Garten Jardin d’Eau et de Lumière und von seiner anderen Gärten auch erkennbar. (ebd.) Seine kubistische Entwürfe hat die anderen Architekten beeinflusst, z. B. der Zick-Zack-Weg in vielen Garrett Eckbos Gärten.


Noch eine interessante Info zu Guevrekian: während seiner Aufenthalt in Teheran entwickelte er zahlreiche "minimum housing" oder "affordable public housing" für die Arbeiter und die Geringverdiener, wann die vielen alternativen sozialistischen Experimente im 20. Jahrhundert stattfand und die soziale, politische und wirtschaftliche Performance der Projekte betont wurde. Der Text kommt später.


Die Fotoaufnehme des dreieckigen Gartens der Villa Noailles in Hyères. Bildquelle: http://www.caoi.ir/en/projects/item/31-the-cubist-garden-of-villa-noailles-by-gabriel-guevrekian.html

 

Quellen:

1. Khosravi, Hamed : The garten of earthly delights. https://drawingmatter.org/garden-earthly-delights/, 09.04.2020. (Aufgerufen am 13.02.2023)

2. Hunt, John Dixon/Conan, Michel: Traditions and Innovation in French Garden Art. University of Pennsylvania Press, 2002.

2. Barr, Alfred: Cubism and Abstract Art. Museum of Modern Art, New York, 1936, S, 13. https://www.moma.org/documents/moma_catalogue_2748_300086869.pdf?_ga=2.110125445.1269139501.1676269480-1373745973.1676269480 (Aufgerufen am 13.02.2023)

3. Treib, Marc/Imbert, Dorothée: Garrett Eckbo: Modern Landscapes for Living. University of California Press, Berkeley, 1997, s, 22. http://ark.cdlib.org/ark:/13030/ft6g50073x/ oder https://publishing.cdlib.org/ucpressebooks/view?docId=ft6g50073x&chunk.id=d0e529&toc.id=d0e92&toc.depth=1&brand=ucpress?Item=E000673&anchor.id=JD_Page_22#X (Aufgerufen am 13.02.2023)


Erweiterung:

1. Mehr Info über Guevrekians Aufenthalt in Teheran und seine "minimum housing" und "affordable public housing" :

Khosravi, Hamed: CIAM Goes East: The Inception of Tehran’s Typical Housing Unit. In Zeitschrift Urban Planning, Vol 4, No 3 (2019): Housing Builds Cities, Cogitatio Press, Lisbon, 30.09.2019, S, 154-166.

2. Mehr Info über die Wiener Gärtnerfamilie Rosenthal:

Christian Hlavac: Von Kurhessen nach Wien: Die Kunst- und Handelsgärtnerfamilie Rosenthal. In Zeitschrift Die Gartenkunst, 34. Jahrgang. Heft 2. Wernersche Verlagsgesellschaft mb H, Worms, 2022, S, 273-288.

3. Mahr Info über den Asbach-Grünzug:

Oliver Trepte: "Asbach-Grünzug" oder "Kulturprojekt Weimar"? Eine Planungsgeschichte des Weimarer Volksparks. In Zeitschrift Die Gartenkunst, 34. Jahrgang. Heft 2. Wernersche Verlagsgesellschaft mb H, Worms, 2022, S, 289-302.


Bremen, 13.02.2023

Lucy





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